Interview mit Marvin Gruhn
Marvin Gruhn ist Inhaber von emersum.de - einem Shop und Blog rund um das Thema Wabi-Kusa. Im Interview mit AE beschreibt er detailliert, wie du ein Wabi Kusa erfolgreich einrichten und pflegen kannst. Viel Freude beim Lesen!
AE: Hallo Marvin, danke dafür, dass du dir die Zeit nimmst und meine Fragen beantwortest. Ich habe selbst bereits ein bisschen in das Thema Wabi Kusa hinein geschnuppert, der große Erfolg war es bis jetzt aber nicht. Ich habe also eine ganze Menge Fragen :-) Stelle dich zu Beginn bitte vor, woher du kommst und wie dein Weg zum Wabi Kusa Experte und Inhaber von emersum.de verlaufen ist.
Marvin: Mein Name ist Marvin Gruhn und ich betreibe das Wabi-Kusa Portal emersum.de. Seit jeher haben mich Aquarien begeistert. Generell halte ich mich oft in der Natur auf und finde die Idee, sich ein Stück davon in die eigenen vier Wände zu stellen, toll. Vor einigen Jahren – wann genau kann ich gar nicht mehr sagen – stolperte ich über die japanischen Wabi-Kusa und war begeistert. Sowohl von der minimalistischen Optik, als auch vom kunstphilosophischen Hintergrund. Stichwort: Wabi-Sabi. Seit dem ich seit Frühjahr 2015 mit emersum aktiv bin habe ich viel positive Resonanz erhalten. Ich denke, dass Wabi-Kusa in gewisser Weise den Nerv der Zeit treffen und merke, dass die Leute mehr darüber erfahren wollen.
AE: Fangen wir bei der Grundlage an - dem Substrat. In deinem Spezial Shop bietest du Wabi-Pads als Boden für Wabi Kusa an. Wie unterscheiden sich diese Pads von den einfachen Soil Kugeln, wie ich sie selbst auch schon ausprobiert habe (Link: Das Wabi Kusa Experiment)? Wie sieht der ideale Boden für ein Wabi Kusa wirklich aus?
Marvin: Ich habe mich entschieden die Wabi-Pads zu entwickeln und zu vertreiben, weil ich davon überzeugt bis, dass diese Torfmoos-Basis für viele Wasser-/Sumpfpflanzen das ideale Substrat ist. Zugleich erspart man sich die (lästigen) Matschereien mit den Soil-Kugeln. Die Wabi-Pads können Wasser und Nährstoffe sehr gut speichern und sind zugleich sehr robust – ein Auseinanderfallen ist praktisch unmöglich.
Da ich mit den Soil-Wabi-Kusa eher begrenzte Erfahrungen sammeln konnte, mag ich mich zu den Ursachen deines Fehlversuchs nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. Es könnte jedoch gut sein, dass es einfach zu keinem ausreichenden Luftaustausch innerhalb einer solchen Soilkugel kommt und sich anaerobe Zonen im Zentrum bilden. Ein Umstand, der den Pflanzenwuchs negativ beeinflussen kann und sogar zur Bildung von giftigen Substanzen führen kann. Unter anderem aus genau diesem Grund bieten viele Hersteller für ihre Bodengrundsysteme einen hochporösen Basisgrund an, der unter das Soil platziert werden sollte (z.B. ADA’s Power Sand oder JBL’s Volcano Minerals).
AE: Der nächste Schritt ist das Bepflanzen. Zum Thema Einpflanzen liest man in den diversen Foren verschiedene Ansätze. Kann ich einfach alle Pflanzen außen auf das Wabi Pad oder die Soil Kugel aufbinden? Oder gibt es bestimmte Pflanzen, für die ich besser ein kleines Loch ins Substrat bohre und die Triebe hineinstecke?
Marvin: Fast alle Pflanzen die wir Aquarianer in unseren Becken pflegen wachsen in ihren natürlichen Habitaten amphibisch. Das heißt, sie sind in der Lage sich an wechselnde Wasserstände anzupassen und können daher mit längeren Phasen der Trockenheit umgehen und wachsen emers. Aus diesem Grund stehen sehr viele Pflanzen für die Gestaltung eines Wabi-Kusa zur Verfügung. Lediglich einige wenige „echte“ Wasserpflanzen wie z.B. die der Gattung Elodea wachsen nur unter Wasser. Stehen einem bereits emers gewachsene Stängelpflanzen zur Verfügung, deren Stiele womöglich schon etwas verholzt und starr sind, wie dies z.B. bei Arten der Gattung Hygrophila passieren kann, dann gelingt das Einpflanzen in Soil mit Hilfe einer Pinzette womöglich einfacher als das Aufbinden. Generell habe ich aber mit fast allen Pflanzen Erfolg gehabt mit der „Aufbinde-Methode“ (Video im emersum.de YouTube Channel). Sogar Nadelsimse lassen sich super durch Aufbinden in ein Wabi-Kusa verwandeln.
Wabi-Kusa mit Nadelsimsen (Eleocharis acicularis) (Foto: Marvin Gruhn)
AE: Welche Pflanzenarten sind deine Geheimtipps für den Einsatz bei einem Wabi Kusa? Mit welchen Arten gelingt die Pflege über Wasser praktisch immer, bei welchen eher weniger gut? Gehören Moose unbedingt in den Pflanzenmix oder ist das nur eine von vielen Möglichkeiten und einfach nur Geschmacksache?
Marvin: Ich persönlich mag es einfach und möchte die Pflege meiner Wabi-Kusa nicht ähnlich Aufwendig gestalten wie bei einem Aquarium. Daher verwende ich pflegeleichte Arten wie z.B. Rotala rotundifolia, Staurogyne repens oder Marsilea hirsuta. Die Gattung Hydrocotyle ist auch äußerst anspruchslos und gelingt eigentlich immer. Für schöne Akzente eignen sich aufrechte Stengelpflanzen der Gattung Hygrophila, die zudem sehr beeindruckende Blüten zeigen können. Moose sind natürlich kein muss, verleihen der Wabi-Kusa Kugel aber das gewisse Etwas und lassen es irgendwie natürlicher aussehen. Ich verwende z.B. Christmas oder Weeping Moss. Andere schöne Bodenbedecker mit denen ich gute Erfahrungen hatte sind Riccia fluitans oder Microthemum sp. Montecarlo. Schwieriger zu pflegen sind z.B. Cryptocorynen oder Anubien, da sie recht hohe Ansprüche an die Luftfeuchtigkeit stellen.
Wabi-Kusa bewachsen mit Staurogyne repens. (Foto: Marvin Gruhn)
Wabi-Kusa Bälle bewachsen mit unterschiedlichen Pflanzen. (Foto: Marvin Gruhn)
Wabi-Kusa in besonders flachem Aquarium. (Foto: Marvin Gruhn)
AE: In-Vitro Pflanzen haben viele Vorteile. Sind diese Pflanzen der einzige Weg um ein Wabi Kusa erfolgreich zu bepflanzen oder kann ich doch auch Ausläufer von Pflanzen aus einem Aquascape auf ein Wabi Pad packen? Was ist dein Erfolgsrezept für das Umgewöhnen von Pflanzen auf das Leben über Wasser?
Marvin: In-Vitro Pflanzen sind lediglich ein Weg. Der Vorteil ist, dass sie bereits ohne den Kontakt mit Wasser gewachsen sind, was letztendlich die Umstellung der Pflanzen auf die Luftfeuchtigkeit in deiner Wohnung vereinfachen und verkürzen kann. Man kann auch Pflanzenreste aus seinem Aquarium für ein Wabi-Kusa verwenden. Der Aufwand, der für die Umstellung auf den emersen Wuchs nötig ist, ist so jedoch um ein Vielfaches höher. Ich decke meine Wabi-Kusa Pflanzengläser generell min. 4 Wochen mit einer Folie ab und beginne dann, die Folie allmählich über mehrere Tage hinweg zu entfernen.
Pflanzenglas mit frisch bepflanztem Wabi-Kusa abgedeckt mit Folie. (Foto: Marvin Gruhn)
AE: Thema Pflanzenwachstum. Bei meinen ersten Wabis musste ich feststellen, dass die Pflanzen über Wasser spürbar langsamer wachsen, als unter Wasser. Selbst im Aquarium wirklich schnell wachsende Pflanzen wie HCC bekommen auf meinem Wabi vielleicht einen neuen Trieb pro Woche. Ist das einfach so oder mache ich etwas falsch?
Marvin: Wissenschaftliche Untersuchungen haben sogar ergeben, dass die Produktivität über Wasser meist höher ist als unter Wasser, wobei sich diese Zahlen auf die Zunahme der Trockenmasse beziehen (ohne Wasser). Da submers wachsende Pflanzen über einen wesentlich höheren Wasseranteil verfügen, erscheint das Wachstum auf den ersten Blick stärker zu sein. Daher können deine Beobachtungen durchaus richtig sein. Schaut man genauer hin, kann man jedoch oft feststellen, dass die Biomassezunahme über Wasser größer ist.
AE: Wie wichtig ist die Beleuchtung und was muss ich dabei konkret beachten? Macht es einen Unterschied, ob ich mein Wabi unter einer kleinen LED Lampe stehen habe oder am Fensterbrett? Ist direktes Sonnenlicht gut oder schlecht? Kann man auch zu viel beleuchten? Wie sieht es mit dem Abstand der Lampe und der Beleuchtungsdauer aus?
Marvin: Vorab: Zu viel Licht gibt es kaum! Alle gängigen Aquarienpflanzen wachsen in tropischen oder subtropischen Gebieten der Erde. Der Sonnenstand ist dort im Schnitt viel höher und die Lichtintensität entsprechend stärker. Direktes Sonnenlicht ist also auf keinen Fall etwas Schlechtes. Ganz im Gegenteil, es ist davon auszugehen, dass „echtes“ Licht sich wesentlich günstiger auf das Wachstum auswirkt als künstliches. Oft jedoch reicht die natürliche Sonneneinstrahlung am vorgesehenen Standort des Wabi-Kusa nicht aus – besonders in den Wintermonaten. Ist dies der Fall, sollte nachgeholfen werden. Neben speziellen Wabi-Kusa Leuchten, die an die Dimensionen der kleinen Pflanzenschalen angepasst sind, eignen sich viele weitere Lampen für die Wabi-Kusa Pflege. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass starkes Licht die Pflanzen eher dazu bringt ihre oft schönen Blüten auszubilden.
AE: Das Wabi ist fertig bepflanzt und kommt in das Glas. Ich habe schon einige verschiedene Möglichkeiten gesehen, wie man ein Wabi Kusa anlegen kann. Entweder mit Soil Kugeln, die auf einem Kiesbett liegen oder die Variante, wo ein Glas eine vollständige Soil Schicht als Boden hat, in dem die Pflanzen wachsen. Was ist aus deiner Sicht die beste Möglichkeit, Aquarienpflanzen emers zu kultivieren? Wie viel Wasser soll im Idealfall im Glas sein? Soll das Wabi Pad oder die Soil Kugel im Wasser stehen oder dient das Wasser im Kies unter dem Substratball nur dazu, die Luft zu befeuchten?
Marvin: Wie du schon richtig festgestellt hast, können Wabi-Kusa sehr unterschiedlich präsentiert werden, was in erster Linie natürlich mit der Art des Wabi-Kusa zusammenhängt und ob es sich um ein Wabi-Kusa in einer mit Soil aufgefüllten Schale handelt oder um Moos- oder Soilbälle. Besonders die Wabi-Kusa Bälle können sehr vielfältig eingesetzt werden. Die festen Wabi-Kusa auf Moosbasis (z.B. Die Wabi-Pads) können sogar für’s Einrichten eines herkömmlichen Aquariums verwendet werden, analog zu der Pflanzmethode von Takashi Amano, dem Erfinder der Wabi-Kusa (Stichwort: Wabi-Kusa Aquascaping). Benutze ich ein Pflanzenglas für die Präsentation meiner Wabi-Kusa, fülle ich meist soviel Wasser hinein, dass das Substrat zur Hälfte bedeckt ist. Da die Moosbälle das Wasser sehr gut halten können – ähnlich einem Schwamm – macht es nichts wenn man das Auffüllen des verdunsteten Wassers einmal vergisst. Das Substrat sollte jedoch immer feucht sein.
AE: Das Wabi Kusa ist fertig und die Frischhaltefolie ist über dem Glas angebracht. Wie geht es jetzt weiter? Einmal pro Tag Folie kurz entfernen und Pflanzen besprühen? Wieviel soll besprüht werden? Wie oft und wie häufig düngst du deine Wabis? Wann kommt die Folie weg und wie sieht die Pflege dann aus?
Marvin: An deinen Fragen erkenne ich etwa, was ich in den letzten Monaten generell feststellen konnte. Die Leute klammern sich viel zu sehr an festen Vorgaben und Regeln – z.B. bei der Frage nach der richtigen Düngung. Das schöne ist, dass die Pflege eines Wabi-Kusa vergleichsweise einfach ist, sobald man auf wenige grundlegende Regeln (z.B. Pflanzenauswahl) achtet. Fehler bei der Düngung z.B. können die meisten Pflanzen recht gut wegstecken. Zudem lässt einem die Optik der Pflanzen Mangelerscheinungen oft leicht erkennen. Anders ist dies bei der klassischen Aquaristik. Eine mangelhafte Pflege führt schnell zu einer Algenblüte oder, noch schlimmer, zum Fischsterben.
Ich besprühe meine Wabi-Kusa in der Regel einmal pro Tag mit einem guten Volldünger nach Anleitung des jeweiligen Herstellers (von ADA gibt es z.B. einen speziellen Wabi-Kusa Dünger). Achtet darauf, dass dieser alle nötigen Nährstoffe (NPK und Spurenelemente) enthält, das erspart das separate Düngen mit verschiedenen Düngern. Mischt den Dünger wie vom Hersteller angegeben in einer kleinen Sprühflasche mit Wasser und achtet beim Sprühen einfach darauf, dass alle Pflanzen etwas abbekommen. Um den Pflanzen eine Anpassung an den Wuchs über dem Wasser zu ermöglichen, kann die Folie nach ca. 4 Wochen Stück für Stück entfernt werden oder von Tag zu Tag ein wenig eingestochen werden.
AE: Was ist dein wichtigster Tipp für alle, die begeistert von den schönen Wabi Kusa Bildern sind und gerne ihr erstes Wabi Kusa versuchen wollen? Was sind häufige Anfängerfehler, die sie vermeiden sollten, damit das erste Wabi Kusa gelingt?
Marvin: Das Wabi-Kusa Hobby ist noch recht jung. Fundierte Informationen findet man im deutschsprachigen Raum noch eher selten (Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel!). Ein Umstand, dem ich unter anderem mit meinem Portal entgegenwirken möchte. Neueinsteiger sollten ihre Ideen einfach umsetzen! Das tolle ist, dass es im Gegensatz zur klassischen Aquaristik nicht viel braucht um loszulegen. Neben dem Substrat, einer Pflanzenschale oder einem Aquarium und einem reichhaltigen Dünger bedarf es optional höchstens noch einer Lampe. Sollte der erste Versuch nicht gelingen, treibt einen dies nicht in den Ruin und man fängt einfach nochmal von Vorn an. Warum probierst du es nicht auch nochmal? ☺
AE: Danke Marvin, für die inspirierenden Bilder und die lehrreichen Einblicke zum Thema Wabi Kusa! Mehr Infos gibt es unter emersum.de.
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